Gastautor Falco Weidemeyer (Foto: EY)



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Push oder Pull: Wie kommen wir in die Umsetzung?

Gastbeitrag

Wie lässt sich eine strategischere Herangehensweise in Wirtschaft und Politik umsetzen? Dieser Frage widmet sich Falco Weidemeyer, Partner und EY Global Turnaround and Restructuring Leader, in seiner aktuellen Kolumne.
 
Nach meiner letzten Kolumne („Wo bleibt die Strategie?“) gab es viel zustimmendes Leserfeedback, was mich sehr gefreut hat. Das war oft mit der Frage verbunden, wie wir eine strategischere Herangehensweise in Wirtschaft und Politik umsetzen können. Dem Thema soll sich diese Kolumne widmen.

Ich könnte es mir leicht machen und einfach mit zwei Redewendungen/Zitaten auf die Fragen antworten: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ (Erich Kästner) und „Old habits die hard“ (Mick Jagger/Dave Stewart). In der Diskussion um die aktuell drängenden unternehmerischen und politischen Fragen ist oft die – menschlich durchaus nachvollziehbare – Erwartungshaltung erkennbar, dass sich das allgemeine Problembewusstsein verändern muss und große, tiefgreifende Programme nötig sind, um die erdrückenden Probleme zu lösen. Hinter dieser, angesichts der Dimension der Probleme verständlichen Haltung, steckt allerdings eine Fehleinschätzung. Weder wird die Politik rahmenordnend die aktuellen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme allein lösen, noch schaffen das die Unternehmen auf eigene Faust, noch können das wenige Veränderungsromantiker individuell erreichen.

Es braucht ein Miteinander aller drei Faktoren – das individuelle Umdenken, die unternehmenspolitische Anpassung und Anreize sowie Leitplanken aus der Politik. Wenn jetzt aber einer auf den anderen wartet und man sich gegenseitig kritisiert, nicht genug zu tun, nicht langfristig genug zu denken, keinen Zukunftsentwurf zu machen, den Radikalen das Feld zu überlassen, dann entsteht kein Fortschritt.

Hier kommen die beiden Redewendungen/Zitate von oben auf den Plan – zum einen beginnt die nötige Veränderung in der eigenen Einflusssphäre („Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“), als Konsument, als Mitarbeiter, als Entscheider in Unternehmen, als Gesprächs- und Diskussionspartner, als Aktiver in der Gesellschaft. Darauf werden Unternehmen reagieren, auch die, die sich vielleicht bisher zurückhalten, und ebenso muss das die Politik. Wenn wir also einen strategischeren Umgang mit wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen wollen, dann müssen wir ganz individuell damit beginnen, ihn einzufordern und vorzuleben.

Niemand behauptet dabei, dass das leicht sei („Old habits die hard“), und das gilt für Unternehmen ebenso wie für eigene Verhaltensweise als Konsument, Mitarbeiter oder Entscheider – und es widerspricht womöglich dem gängigen Fokus der Politik auf die nächste Legislaturperiode. Allerdings – und das gilt für Unternehmen wie für Politik – geht beim Warten nicht nur Zeit verloren, sondern der Veränderungsdruck steigt und die Optionen schwinden. Es gibt also allen Grund, hier aktiv zu werden und im eigenen Einflussbereich für Veränderungen die richtigen Diskussionen und Impulse zu sorgen. Unternehmen sollten in verschiedene Richtungen an die Umsetzung gehen – zum einen im eigenen Unternehmen eine ambitionierte Agenda setzen und Kontakt zu Branchenkollegen aufbauen, um Allianzen aus Gleichgesinnten zu bilden. Zum anderen muss der Blick entlang der Wertschöpfungskette gehen – Lieferanten und Partner sollten ebenfalls den für das eigene Unternehmen gesetzten Standards genügen, gemeinsame Aktionspläne müssen formuliert werden, um partnerschaftlich Verbesserungen zu erzielen. Auch Kunden sollten wissen, welche Verbesserungen das Unternehmen plant und es sollte möglich sein, Produkte und Services, die einen besseren ökologischen und sozialen Beitrag leisten, zu erkennen und auszuwählen. Schließlich sollten Unternehmen die Möglichkeit nutzen, über Verbände oder direkt den Austausch mit der Politik zu suchen, um die Verbesserungen durch die nötigen Anreize begleiten zu lassen.

Falco Weidemeyer

06.03.2024 | 11:58

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